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Method Acting – ein kurzer Überblick

Konstantin Stanislawski Porträtfoto

Method Acting basiert auf den Ideen des russischen Schauspielers, Regisseurs und Schauspiellehrers Konstantin Stanislawski (1863-1938). Er entwickelte ein Schauspielsystem mit Hilfe der psychoanalytischen Erkenntnisse Théodule Ribots und, indem er "geniale" Schauspieler beobachtete und sie über ihre Art des Schauspielens befragte. Im Vordergrund seines Systems steht die Glaubwürdigkeit des Geschehens auf der Bühne. Stanislawski entdeckte, dass Schauspieler dann glaubwürdig sind, wenn sie sich auf ihre Mitspieler und das Geschehen im Stück konzentrieren und spontan zu dem Geschehen reagieren. So kommen sie nicht in die Versuchung, sich selbst zu beobachten, zu bewerten und zu manipulieren und verzichten darauf, Klischees zu spielen, Handlungen zu imitieren oder nur anzudeuten.

Seine Schüler Richard Boleslawski und Maria Ouspenskaya brachten Stanislawskis Erkenntnisse nach Nordamerika, wo Schauspieler wie Lee Strasberg und Sanford Meisner – die in den 30er Jahren zu den Mitbegründern des Group Theatre in New York gehörten – sie weiterentwickelten.

Strasberg, als der in Deutschland bekannteste Schauspiellehrer des Method Acting, setzte seinen Schwerpunkt auf das "emotional memory", d.h. die Darsteller versuchen sich der Rolle zu nähern, indem sie sich an Situationen aus ihrem eigenen Leben erinnern, um so zu dem emotionalen Leben der Rolle zu finden. Meisner hingegen stellte Stanislawskis Erkenntnisse in den Vordergrund, dass Schauspielen "wirkliches Tun" und nicht etwa Illustrieren und Andeuten von Handlungen auf der Bühne ist, und dass das emotionale Leben der Rolle im vollen Verständnis der "gegebenen Umstände" des Stückes (Ort, Zeit, Handlung, Personen) zu suchen sei.

Uta Hagen Porträtfoto

Auch die im Januar 2004 verstorbene Uta Hagen, eine der anerkanntesten Schauspiellehrerinnen in den USA (seit 1947 Lehrerin am Herbert-Berghof-Studio in New York), entwickelte ihre Schauspielmethode auf der Grundlage des Stanislawski-Systems. Wie bei Meisner steht im Vordergrund ihrer Arbeit, dass Schauspielen im "wirklichen Tun" und im vollen "Verständnis der gegebenen Umstände" zu suchen ist. Außerdem arbeitet sie mit dem Mittel des "as if".

Dabei geht es darum, dass die Schauspieler sich Momente des Stückes, die für sie schwer nachvollziehbar sind, durch Vergleiche ("das ist, als ob ich das und jenes tun oder erleben würde") bedeutungsvoller machen. Das "emotional memory", das Strasberg hier benutzen würde (also sich durch Erinnern an eine erlebte Situation aus dem eigenen Leben der Rolle zu nähern), ist ebenfalls Teil des Schauspieltrainings von Uta Hagen.

Das Wissen um die "gegebenen Umstände" und die Arbeit mit dem "as if" und "emotional memory” setzen voraus, dass die Darsteller sehr "privat" auf der Bühne sind. Die Arbeit an der "öffentlichen Privatheit" (Stanislawski) ist ein weiterer Schwerpunkt des Schauspieltrainings von Uta Hagen. Erst diese "öffentliche Privatheit" ermöglicht es den Schauspielern, offen und verletzlich für alles zu sein, was ihnen in dem Stück widerfährt. So können sie von "Moment zu Moment" leben und spontan und lebendig reagieren.

 

What does it take?

It takes talent. Talent is defined in the dictionary as "the natural endowment of a person with special or creative aptitudes." In an actor, I believe, these endowments consist of high sensitivity and responsiveness to sight, sound, touch, taste, and smell, of exceptional sensitivity to others, of being easily moved by beauty and pain, and of having a soaring imagination without losing control of reality.

Once one is blessed with these endowments, it takes AN UNSHAKABLE DESIRE TO BE AN ACTOR together with A NEED TO EXPRESS what one has sensed and felt in the concrete terms of the characters with whom one will identify on stage.(...)

Theoretically, the actor ought to be more sound in mind and body than other people, since he learns to understand the psychological problems of human beings when putting his own passions, his loves, fears, and rages to work in the service of the characters he plays. He will learn to face himself, to hide nothing from himself - and to do so takes AN INSATIABLE CURIOSITY ABOUT THE HUMAN CONDITION.

Uta Hagen, A Challenge for the Actor

 

Lernziele

Die Teilnehmer lernen die Grundkenntnisse des Schaupielens nach Stanislawski/Uta Hagen. Ziel des Schauspielunterrichts ist es, die eigene Ausdrucksfähigkeit (Körperbewusstsein, Präsenz, Spontanität, Sensibilität) zu erweitern. Es wird geübt, glaubwürdig eine Rolle darzustellen.

Das wahrhaftige Agieren auf der Bühne erfordert von den Teilnehmern ein hohes Maß an Sensibilität und Verletzlichkeit, sowie die Bereitschaft, den eigenen Impulsen zu folgen. Verletzlichkeit und Impulsivität setzen Privatheit (s.o. "öffentliche Privatheit") auf der Bühne voraus. Die Teilnehmer beginnen deshalb den Unterricht mit einer Übung, die sie auf der Bühne verwurzelt und ihnen hilft, sich dort zu orientieren ("Destination Exercise").

Diese Übung bildet die Basis für Partnerimprovisationen. Die Teilnehmer lernen, auf der Bühne einem Ziel nachzugehen, wie z.B. einen Standpunkt gegenüber ihren Mitspielern zu vertreten, und sich für dieses Ziel einzusetzen. Sie üben, sich für die Handlung ihrer Mitspieler zu öffnen, sich davon berühren zu lassen und spontan darauf zu reagieren. Dies wird durch Wahrnehmungsübungen und Spiele unterstützt.

In Einzel- und Partnerübungen lernen sie, zum emotionalen Leben ihrer Rolle zu Beginn einer Szene zu finden. Dafür klären sie, was dem Geschehen der Szene vorausgegangen ist und was das emotionale Leben ihrer Rolle bestimmt. Sie suchen nach Vorstellungen, Bildern oder Erinnerungen, die sie emotional so reagieren lassen, wie es die Szene zu Beginn erfordert.

Im Anschluß daran üben die Teilnehmer, mit dem Mittel des "as if" zum Verhalten und emotionalen Leben ihrer Rolle innerhalb einer Szene zu finden. Dies ist immer dann von großem Nutzen, wenn bestimmte Verhaltensweisen, Reaktionen und Emotionen ihrer Rolle für sie nicht nachvollziehbar sind. Sie suchen nach Entsprechungen für diese Verhaltensweisen, Reaktionen und Emotionen. Dafür öffnen sie ihre Schatzkiste an Wertvorstellungen, Sehnsüchten, Ängsten, Abneigungen, Vorlieben und Verletzlichkeiten und finden mit Hilfe von Vergleichen – "das ist, als ob ("as if") ich dies und jenes tun oder erleben würde" – zum emotionalen Leben der Rolle.

In weiteren Einzel- und Partnerübungen erfahren und lernen sie, was sich hinter den folgenden Themen verbirgt:

  • "Fourth Side"
  • "Moment to Moment"
  • "Change of Self"
  • "Physical State of Being"
  • "Outdoors"
  • "Talking to Yourself"
  • "Endowment"
  • "Substitution"
  • "Action"
  • "Life Drive"
  • "Text"

In Szenen zu zweit oder zu dritt wenden die Teilnehmer das im Unterricht Gelernte an. Die genaue Kenntnis der Persönlichkeit und des Umfelds der zu verkörpernden Rolle ist dabei Voraussetzung. Die Teilnehmer erforschen die Wertvorstellungen, Vorlieben, Abneigungen, Sehnsüchte und Verletzlichkeiten der Rolle. Unterscheiden sich diese Verletzlichkeiten etc. von ihren eigenen, so suchen sie Entsprechungen in sich selbst. Sie klären, was das Ziel der Rolle im ganzen Stück und in der Szene ist, was der Szene voraus geht und in welcher Beziehung sie zu den anderen Personen in der Szene und im Stück stehen. Jetzt können sie aktiv ihr Ziel verfolgen und spontan zum Geschehen im Stück reagieren.

Kursanfänger bereiten eine Einführungsübung vor, das Destination Exercise PDF-Icon (PDF-Datei, 60kB).